„Auf die Walz gehen“ ist ein Brauch aus der Handwerkszunft und bezeichnet die Wanderjahre eines Gesellen nach Abschluss seiner Berufsausbildung. Die Tradition geht bis ins Mittelalter zurück und stand damals ausschließlich männlichen Handwerkern zur Wahl. Heutzutage gehen aber auch weibliche Gesellinnen, auf Wanderschaft. Die meist zwei bis drei Jahre und einen Tag dauernde Herumreiserei wird auch als Tippelei oder Gesellenwanderung bezeichnet. Sie ist nicht nur Zimmerleuten vorbehalten, wie viele glauben, sondern kann von Gesellen vieler Handwerke gemacht werden. Allerdings werden es heute leider immer weniger junge Menschen, die sich für ausgefallene Berufe wie solche begeistern.
Geschichte und Gegenwart
Früher einmal war die Walz nach Abschluss der Lehrzeit die Voraussetzung dafür, einmal Meister werden zu können. Durch die Wanderjahre sollten die Gesellen nicht nur die lokalen, sondern auch ortsfremde oder in ganz Europa praktizierte Arbeitsweisen und Baustellen kennenlernen und so ihr Können erweitern. Auch der Umgang mit Fremden, die Selbstständigkeit und die soziale Kompetenz sollten dabei ausgereift werden. Diese Motive stecken auch heute noch dahinter, wenn ein Geselle seinen Hut nimmt. Zu erkennen sind die „Tippelbrüder“ damals wie heute an ihrer auffälligen Zunftkleidung, die aus einem schwarzen, breitkrempigen Hut, schwarzen Schlaghosen und einer Weste über einem weißen Hemd besteht. Ihr Gepäck tragen die Gesellen an einem Stab und in ein Tuch eingewickelt. Das Leben als Wandergeselle ist kärglich und spartanisch und die Wanderer sind auf fremde Hilfe der Einwohner der jeweiligen Region angewiesen, denn sie tragen kein oder nur sehr wenig Geld bei sich und leben von der Hand in den Mund.
Strenge Regeln für das freie Leben
Wer sich für die Gesellenjahre auf Wanderschaft entscheidet, unterwirft sich dem strengen Regelwerk der Zunft. So muss sich ein Wandergeselle ohne Auto und möglichst auch ohne öffentliche Verkehrsmittel fortbewegen und die Ehre seiner Zunftbrüder in der Öffentlichkeit immer aufrecht erhalten. Dazu gehört auch eine gepflegte Erscheinung und das Tragen ordentlicher Zunftkleidung, auch Kluft genannt. Über die zwei oder drei Jahre, die der Wandergeselle je nach Zunft unterwegs ist, darf er auf 50 km Entfernung nicht an seinen Heimatort heran kommen. Um auf die Walz zu gehen, muss man ungebunden, unverheiratet, ohne Kinder und schuldenfrei sein. Laut geschichtlicher Deutungen soll und sollte so verhindert werden, dass die Wanderjahre als Fluchtmöglichkeit vor heimischer Verantwortung dienen könnten. Wenn der Wandergeselle nach Ablauf der Zeit nach Hause zurückkehrt, wechselt sein Status vom bis dahin „Fremdgeschriebenen“ wieder zurück zum „Einheimischgeschriebenen“ womit die Meldung im Rathaus gemeint ist. Rückkehrende Wandergesellen werden von ihrer Zunft, sprich ihren Kollegen, meist groß gefeiert und auch Zunftbrüder aus aller Herren Länder reisen an, um die Einheimischschreibung des Gesellen, den sie aus ihren Wanderjahren kennen, mit zu feiern.