Mit dem Begriff Wehrpflicht wird die Verpflichtung der Staatsbürger bezeichnet, eine gewisse Zeit lang Dienst in der Armee, der Polizei oder Katastrophenschutz ihres Vaterlands zu leisten. Wehrpflichtige sind in der Regel Männer ab dem Alter von 18 Jahren, in einigen Ländern (Israel) aber auch Frauen. Gegenwärtig existiert die Wehrpflicht nur noch in wenigen Staaten.
Die Wehrpflicht in der deutschen Geschichte
Eine einheitliche Verpflichtung zum Dienst mit der Waffe gab es erst seit der Gründung des Deutschen Reiches 1871. Zuvor wurde der Dienst mit der Waffe in jedem deutschen Staat souverän gehandhabt. Als Vorbild für das spätere Deutsche Reich und viele ausländische Staaten galten die preußischen Wehrpflichtgesetze. Damals konnten sich junge Männer als Einjährig-Freiwillige zum Militär melden und nach ihrem Dienstjahr eine Ausbildung zum Reserveoffizier beginnen, eine geachtete gesellschaftliche Position. Das verlieh dem Militärdienst und den Soldaten hohes Ansehen. Nach der Reichsgründung wurde die Regelung übernommen. Jeder männliche Staatsbürger wurde vom vollendeten 17. bis zum 42. Lebensjahr wehrpflichtig. Nach dem Dienst in der Armee wurden Wehrpflichtige in den Landsturm versetzt. Diese Regelung wurde in mehr oder weniger starken Abwandlung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs beibehalten.
Vom Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
Als Folge der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde die Wehrpflicht in Deutschland 1919 abgeschafft. Stattdessen gab es die Reichswehr, eine 115.000 Mann starke Berufsarmee. Nach der Machtergreifung der Nazis und dem Austritt aus dem Völkerbund führte Deutschland 1935 die Wehrpflicht wieder ein. Die Dienstzeit in der Wehrmacht betrug zunächst 1 Jahr, wurde später aber auf 2 Jahre verlängert. Nach dem Zusammenbruch des Naziregimes schafften die allierten Besatzungsmächte zunächst die Wehrpflicht wieder ab.
Wehrpflicht im geteilten Deutschland
In der Bundesrepublik wurde 1955 die allgemeine Wehrpflicht im Rahmen der Gründung der Bundeswehr wieder eingeführt. Sie galt für alle männlichen Bundesbürger ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Ab 1968 gab es den Zivildienst für alle Wehrpflichtigen, die aus Gewissensgründen den Dienst in den Streitkräften verweigerten. Die Dienstzeit war unterschiedlich lang und betrug zuletzt 9 Monate.
In der DDR wurde die allgemeine Wehrpflicht Anfang 1962 eingeführt. Der so genannte Grundwehrdienst dauerte 18 Monate. Einmalig für die sozialistischen Staaten war der Zivilersatzdienst, bei dem Wehrpflichtige ihre Dienstzeit bei Einheiten der Zivilverteidigung oder Baueinheiten der NVA ableisten konnten. Jeder Wehrpflichtige musste damit rechnen, nach dem Ende seiner aktiven Dienstzeit mehrmals zum Reservisten-Wehrdienst einberufen zu werden.
Wehrdienst heute
Nach der Wiedervereinigung wurden für die Wehrpflicht zunächst die Regelungen der Bundesrepublik übernommen. Aufgrund der veränderten weltpolitischen Lage wurde von der Bundesregierung 2011 der Wehrdienst ausgesetzt. Es finden keine Musterungen oder Einberufungen mehr statt und die Bundeswehr wurde in eine Berufsarmee umgewandelt. Der Wehrdienst ist jedoch noch nicht endgültig abgeschafft. Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden, was sehr unwahrscheinlich ist. Wenn es die Situation erfordert, können zumindest theoretisch jederzeit wieder Wehrpflichtige gemustert und eingezogen werden.
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