Peter Sarstedt landete zumindest einen Riesenhit in seiner Karriere, doch als dieser knapp 40 Jahre später in einem Kinofilm auftauchte, konnte man während des Abspanns den gesamten Kinosaal sich darauf konzentrieren sehen, welches Lied das wohl gewesen sein mag. Offenbar gab es eine Rezeptionslücke über die Jahrzehnte.
Ein Musiker seiner Zeit
Achtunddreißig Jahre nach der ersten Veröffentlichung seiner vielfach meta-lyrischen, beziehungsweise generell meta-künstlerischen Referenzhölle „Where Do You Go To, My Lovely„, die zum Welthit avancierte, tauchte das Lied in Wes Andersons Film „The Darjeeling Limited“ wieder auf und vor allem in dessen inhaltlich verwandtem Vorfilm „Hotel Chevalier“ wird das Lied prominent gefeatured. Die beklemmende Begegnung eines ehemaliges Paares (gespielt von Natalie Portman and Jason Schwartzman) in einem Pariser Hotel wird von den Klängen von Sarstedts Stimme, Gitarre und Akkordeon nicht nur untermalt, sondern interagiert mit der beredt-schweigsamen Handlung (das tun die Elemente eines Kunstwerkes immer, doch es ist hier ausgesprochen deutlich). Was zunächst in der Beschreibung nach einem Paris-Klischee klingen mag, ist in dem überraschend quasi-postmodernistischen Song bereits reflektiert und klingt daher in keinem Moment käsig, sondern eher nüchtern.
Paris 1969
Nicht nur das Lied verbindet Peter Sarstedt mit den Filmen (beziehungsweise dem Filmchen und dem Film): der Sänger wurde gegen Ende des Jahres in eine in Indien ansässige englische Familie geboren. Die drei Brüder aus dem Film sind zwar Amerikaner, doch ähnlich wie im Vorgänger „The Royal Tenenbaums“ sind sie gewissermaßen sehr englische Amerikaner und auch in dem Vorfilm wird explizit der „Alten Welt“ gehuldigt und die Verbindung ist evident. Diese Argumente könnte noch ein wenig fadenscheinig und zurecht gezimmert klingen, wäre da nicht des einen Bruders formidabler Schnauzbart, der an den von Peter Sarstedt gemahnt – und genau dessen Bruders Schnauzer, der so explizit von Sarstedts Song begleitet wird: Jack, der eben nicht nach Belmondo aussieht, wie man es an der Seite einer Natalie Portman erwarten könnte, die zurechtgemacht ist wie Jean Seberg in „Außer Atem“.
Hiermit wäre der Bezugsrahmen des Films geschlossen: 1960 erschien der französische Filmklassiker, 1969 erschien Sarstedts Single. Dies macht den Film auf verschrobene Weise zeitlos, und man weiß nie so genau, ob man sich in einer Zeit befindet, in der die Anti-Baby-Pille noch nicht auf dem Markt war oder aber man seine Babykleidung online bestellen kann – auch wenn es eindeutige Indizien gibt, entzieht sich die ästhetische Welt einer klaren Zuordnung zur wie auch immer gearteten Realität. Es ist eine mögliche Welt mit einer verwunschenen Oberfläche.
Peter Sarstedt und die liebe Verwandtschaft
Sarstedt ist ein Gespenst, das den Film fortwährend heimsucht, und auch er hatte, wie die Protagonisten des Filmes, zwei Brüder: der eine, Richard, war in den frühen Sechzigern ein Popstar unter dem Pseudonym Eden Kane; der jüngste Bruder, Clive, blieb ein One-Hit-Wonder, das seine 15 Minuten des Ruhmes 1976 unter dem Namen Robin Sarstedt mit einer Coverversion von „My Resistance Is Low“ feierte.