So ziemlich jeder Mensch sollte den Klang des angsteinflößenden Wolfsrufes kennen. Und das, obwohl diese erhabenen Tiere im mitteleuropäischen Raum lange für ausgestorben galten.
Der Ruf des heulenden Wolfes ging jedoch besonders durch Filme über Wehrwölfe viral, die nach der Metamorphose von Mensch zu Wolf fast zwanghaft diesen Laut von sich geben müssen. Dies passiert üblicher Weise nur an Abenden, an denen der Vollmond die düsteren Wälder hell erleuchtet und der Wolf in einer Silhouette heulend zum Mond aufblickt. Doch steht der Mond, welcher auch für solch mächtige Gezeiten wie Ebbe und Flut verantwortlich ist, in Verbindung mit unserer hier gestellten Frage? Auch wenn das eine schöne Erklärung für dieses außergewöhnliche Phänomen wäre, liegt die Antwort ganz wo anders.
Kommunikation unter Artgenossen
Tatsächlich geben Wölfe mit ihrem Geheul deren Standpunkt für andere Artgenossen in der Nähe preis und fordern so auch den selbigen an. Man könnte also sagen, dass es sich dabei um ein natürliches GPS zur Orientierung und Informationsweitergabe handelt. Ebenso kann der Wolfsruf aber auch eine Warnung für andere Rudel sein, dass dieses Terrain ein aktives Jagdgebiet ist und sich andere Rudel von Wölfen fern zu halten haben.
Hört man sich den „Wolfsgesang“, also das Heulen mehrerer Tiere genauer an, so erkennt man eine Mehrstimmigkeit. Manchmal mutet das Spektakel beinahe einem menschlich verfassten Chorsatz an, der in Perfektion geheult wird. Doch wie bei der von Menschenhand geschriebenen Variante, entspringt auch das Tierverhalten nicht dem reinen Zufall.
Was die Tonlage des heulenden Wolfes aussagt
Es ist die streng vorgegebene Hierarchie, die den Einsatz und die Tonlage jedes einzelnen Wolfes bestimmt. Den Anfang macht logischer Weise der oder die Rudelführerin (das sogenannte Alpha-Tier) mit dem tiefsten Ton – im angebrachten Beispiel des Chores wäre dies mit dem Bass gleichzusetzen. Gefolgt von dem Beta-Tier, welches im „Bariton“ heult. Abschließend beteiligt sich der Omega-Wolf am gemeinsamen Geheule mit dem höchsten Ton, dem „Tenor“.
Bekommt ein Wolf keine Rückmeldung auf seine soziale Abfrage und bleibt allein, so entwickeln seine Klänge oft traurige, jaulende Züge. Diese Form kann man auch bei ihren domestizierten, nahen Verwandten, den Hunden hören. Selbst einem Nicht-Hundebesitzer sollte der angebundene, heulende Hund vor dem Supermarkt schon einmal begegnet sein. Ist das Rudel, in dem Fall das Herrchen, nicht anwesend, so fängt der Hund an zu heulen. Um so länger er vom Herrchen getrennt ist, desto sehnsüchtiger und höher wird der Ton des Tieres mit der Zeit.
Wahrscheinlich ist es auch genau dieses Verhalten der Hunde, welches uns alltäglich an das Heulen der Wölfe erinnert und die Frage auf das Warum aufkommen lässt.